Dov Charney Name sorgt in Modekreisen noch immer für hitzige Debatten. Einst gefeiert als rebellischer Gründer von American Apparel, baute er ein Bekleidungsimperium auf, das Regeln brach, Trends setzte und wie kein anderer auf mutiges Marketing setzte. Doch derselbe Mut, der seinen Aufstieg befeuerte, spielte auch eine große Rolle bei seinem dramatischen Absturz. Heute, mit 56 Jahren, liegt Charneys Nettovermögen bei rund 500.000 Dollar – ein unvorstellbarer Rückgang gegenüber den Tagen, als er auf dem Höhepunkt des Ruhms von American Apparel geschätzte 600 Millionen Dollar wert war.
Dov Charney wurde am 31. Januar 1969 in Montreal geboren und stammte aus einem kreativen Elternhaus. Seine Mutter war Künstlerin, sein Vater Architekt – eine Erziehung, die seine Weltsicht prägte und später auch seinen Wunsch, Kleidung zu verkaufen. Schon als Student träumte er von großen Träumen. Noch während seiner Schulzeit begann er, T-Shirts nach Kanada zu importieren und sie gewinnbringend zu verkaufen. Dieser frühe Erfolg weckte bereits den Unternehmergeist, der ihn bald zu einem Giganten im Modeeinzelhandel machen sollte.
Aussteigen, um größere Träume zu haben
1990 wagte Charney einen Schritt, der viele Eltern schockierte: Er brach sein Studium an der Tufts University ab, nachdem er sich 10.000 Dollar von seinen Eltern geliehen hatte. Statt Lehrbücher investierte er in unbedruckte T-Shirts und brachte damit die Marke American Apparel auf den Markt. Er wählte South Carolina als Standort für die Fabrik und widmete sich mit ganzer Kraft der Aufgabe, aus einfachen Basics ein kulturelles Statement zu machen.
Unter seiner Führung verkaufte American Apparel nicht nur T-Shirts. Es verkaufte eine Idee: in den USA hergestellte Kleidung ohne Ausbeutung – zu einer Zeit, als die meisten Marken ihre Produktion ins Ausland verlagerten. Sein Marketing war provokant, provokativ, manchmal kontrovers – aber es erregte Aufmerksamkeit. Als American Apparel 2007 an die Börse ging, besaß Charney noch 27 % des Unternehmens, das damals eine Marktkapitalisierung von 2,8 Milliarden Dollar hatte. In der Blütezeit hatte die Marke weltweit rund 280 Filialen und erzielte einen Jahresumsatz von rund 634 Millionen Dollar.
Die Höhen hielten nicht ewig an
Die Anerkennung kam schnell. 2004 kürte ihn Ernst & Young zum Unternehmer des Jahres. Doch genau die Unternehmenskultur, die American Apparel so einzigartig machte, brachte auch Probleme mit sich. Vorwürfe unangemessenen Verhaltens, eines toxischen Arbeitsumfelds und Klagen kreisten um Charneys Namen. Im Juni 2014 suspendierte ihn der Vorstand. Im Dezember desselben Jahres wurde er offiziell entlassen.
Von da an ging es bergab. American Apparel meldete 2015 Insolvenz an. Sein Anteil, einst Hunderte Millionen wert, sank auf rund 18 Millionen Dollar – und die Schulden wuchsen rapide. Im März 2022 meldete Charney Insolvenz an und gab Schulden in Höhe von rund 50 Millionen Dollar bekannt, darunter satte 20 Millionen Dollar Schulden beim Hedgefonds Standard General.
Im Jahr 2025 weckte die Netflix- Serie „Trainwreck: The Cult of American Apparel“ das öffentliche Interesse an seiner Geschichte. Ehemalige Mitarbeiter sprachen über die raue Arbeitskultur, die den Erfolg der Marke befeuerte, sie aber letztendlich von innen heraus zerbrach.
Familie und Privatleben
Während seine Karriere Schlagzeilen machte, bleibt Dov Charney Familie weitgehend aus dem Rampenlicht. Er wuchs in Montreal auf, baute aber den Großteil seines Berufslebens in Los Angeles auf. Er war nie verheiratet und hat keine öffentlich bekannten Kinder. Interviews über die Jahre zeigen, dass er American Apparel und nun auch Los Angeles Apparel als Erweiterung seiner Identität betrachtet – fast wie Familie.
Auch Charneys Immobilienbesitz erlitt während seiner finanziellen Schwierigkeiten Einbußen. Das Haus in Los Angeles, das er 2006 für 4,1 Millionen Dollar kaufte, landete 2016 bei Apex Property Management LLC. Dies war ein weiteres Zeichen dafür, wie schnell sich das Schicksal in der Geschäftswelt ändern kann.
Neuanfang mit Los Angeles Apparel
Getreu seinem beständigen Stil verschwand Charney nicht aus der Mode. 2016 gründete er Los Angeles Apparel. Die Mission war bekannt: lokale Produktion, ethische Arbeitsbedingungen und schlichte Basics mit mutigen Ideen. Dieses Mal kannte er jedoch die Risiken und Schlagzeilen, die sein Name mit sich brachte.
Los Angeles Apparel erlebte einen Aufschwung durch die Partnerschaft mit Kanye Wests Marke Yeezy. Sie verschaffte dem kleinen Unternehmen feste Aufträge und Bedeutung in einem überfüllten Markt. Als die COVID-19-Pandemie ausbrach, stellte Charneys Fabrik schnell auf die Produktion von Masken und Schutzausrüstung um. Kurzzeitig zahlte sich das Risiko aus. Doch bald folgten neue Probleme: Über 300 Mitarbeiter wurden positiv auf COVID-19 getestet, und die Fabrik musste aus Sicherheitsgründen vorübergehend geschlossen werden.
Ein kompliziertes Erbe
Dov Charney ist bis heute eine polarisierende Persönlichkeit. Unterstützer behaupten, er habe die Einstellung der Menschen zu lokal gefertigten Basics verändert und sich für ethische Produktion eingesetzt, lange bevor diese zum Trend wurde. Kritiker argumentieren, seine Kontroversen überschatten das Gute, das er zu tun versuchte.
Sein Nettovermögen – aktuell bei rund einer halben Million Dollar – ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie Unternehmensgiganten untergehen können. Doch wer die Modebranche kennt, wird bestätigen: Charney gibt nicht so schnell auf. Auch heute noch ist Los Angeles Apparel aktiv, produziert Kleidung und kämpft um seinen Platz in einer Branche, die heute deutlich überfüllter ist als damals, als Charney in den 90er-Jahren mit dem Nähen von T-Shirts begann.